Wer seinen Wohnungsschlüssel fahrlässig der Gefahr des Diebstahls aussetzt, hat keinen Anspruch an seine Hausratversicherung, wenn der Dieb anschließend in die Wohnung einsteigt. So lautet zumindest ein Beschluss des Oberlandesgericht (OLG) Hamm vom 15. Februar 2017 (20 U 174/16).

Küssen verboten

Eine Frau befand sich zusammen mit einem Kollegen auf dem Rückweg von einer Betriebsfeier. Der Kollege schob ihr Fahrrad, in dessen Korb lag die Handtasche der Frau, samt Wohnungsschlüssel, Ausweispapieren und weiteren persönlichen Gegenständen.

Irgendwann lehnte das Pärchen das Rad an eine Säule und beschäftigte sich miteinander. Es liegt in der Natur der Dinge, dass sie für Rad und Tasche in diesen Minuten keine Aufmerksamkeit erübrigen wollten.  Diese Situation nutzte ein des Wegs kommender Dieb und stahl die Handtasche. Ein Zeuge, der die Situation beobachtet hatte, benachrichtigte zwar sofort die Polizei. Allerdings war der Dieb schnell genug, zur Wohnung der Klägerin zu eilen, mithilfe des Originalschlüssels in sie einzudringen und Gegenstände im Wert von ca. 17.500,- Euro zu stehlen.

Wohnungsschlüssel weg – egal?

Den Diebstahl bemerkte die Klägerin erst am anderen Morgen. Mit der Einstellung, wegen des entwendeten Schlüssels ohnehin nicht in ihre Wohnung gelangen zu können, übernachtete sie kurzerhand bei einer in der Nähe wohnenden Verwandten.

Den infolge des Diebstahls entstandenen Schaden machte die Klägerin gegenüber ihrem Hausratversicherer geltend. Der bezweifelte nicht, dass gegebenenfalls auch Schadenereignisse versichert sind, in denen ein Dieb in ein Gebäude oder den Raum eines Gebäudes mittels der Originalschlüssel eindringt, welche er zuvor durch Diebstahl an sich gebracht hat. Das setzt laut Bedingungen aber voraus, dass der Diebstahl nicht durch fahrlässiges Verhalten ermöglicht werde. In diesem Fall jedoch hatte die Geschädigte klar fahrlässig gehandelt, zumindest was ihre Handtasche angeht.

Die Richter waren der Meinung, das hier nicht von einem Schadenereignis im Sinne der Versicherungsbedingungen ausgegangen werden kann. Denn die Klägerin habe fahrlässig gehandelt, als sie ihre Tasche, in welcher sich nicht nur ihr Schlüsselbund, sondern auch ihre Ausweispapiere befanden, unbeaufsichtigt im Korb ihres Fahrrades liegen ließ.

Die Tasche immer „am Mann“

Das Gericht ließ den Einwand nicht gelten, dass sie zuvor niemand in der Nähe ihres Velos bemerkt habe und daher nicht mit einem Diebstahl habe rechnen müssen. Denn die Klägerin habe wissen müssen, dass ein vorbeikommender Dritter ihre Tasche jederzeit mit einem einfachen Handgriff entwenden konnte ohne daher einen Widerstand überwinden zu müssen.

Deswegen sei sie dazu verpflichtet gewesen, die Tasche an ihrem Körper bei sich zu führen, um einen Diebstahl zu verhindern, zumal sie mehrere Minuten lang offenbar stark abgelenkt gewesen sei. Der Versicherer habe der Klägerin daher zu Recht die Leistung verweigert. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: germanBroker.net AG (gekürzt)