Dieser Beitrag hier wird so erfolgreich sein wie der Rufer in der Wüste. Doch manchmal muss man es einfach rausschreien, sonst platzt man. Seit Februar gilt die neue Vermittlerrichtlinie IDD. Europaweit sollen Anleger von Lebensversicherungen besser beraten werden. Gute Sache. Nur im Ergebnis so nah am Verbraucherschutz wie zuvor auch. Mit einem Unterschied: Es wird noch undurchschaubarer. Nix da mit Intelligenz!

Intelligenz in der Gesetzgebung gefragt

Nehmen wir die BIB´s, die Basisinformationsblätter die jeder Lebens- oder Rentenversicherung beiliegen müssen. In diesen Infoblättern sollen dem Verbraucher die möglichen Risiken seiner Geldanlage aufgezeigt werden. Aber NICHT bezogen auf seine Versicherung, sondern pauschal! Das ist so, als würden man die Verbrauchswerte des Kleinwagens den man kaufen will nicht aufs Modell bezogen ausgewiesen bekommen, sondern als Durchschnitt aller Modelle des Herstellers.

Brüsseler Wahnsinn gegen Intelligenz im Gesetz

Am Beispiel einer fondsgebundenen Rentenversicherung offenbart sich der ganz normale Wahnsinn: Es gibt sieben Risikoklassen in der Geldanlage, wobei die 1 für sehr geringes Risiko steht und die 7 für sehr hohes Risiko. In der Beratung ermitteln wir nun Ihre Risikoneigung anhand von Kenntnissen und Erfahrungen und Sie wählen ein Produkt aus. Gut möglich, dass Sie ein Produkt der Risikoklasse 4 sexy finden, nach Ihren Erfahrungen und Kenntnissen aber in Klasse 5 eingestuft werden.

Verwirrung trotz Intelligenz

Nun schauen Sie sich die BIB´s an, die Basisinformationsblätter, die je Risikoklasse übergeben werden müssen. Und siehe da: das BIB für Klasse 5 weist selbst im optimistischsten Fall für eine Laufzeit von 25 Jahren einen Teilverlust Ihrer eingezahlten Beiträge aus. Das BIB für Klasse 4 wiederrum prognostizert bei 25 Jahren Laufzeit einen phantastischen Wertzuwachs! Halleluja!

Wie geht das? Höhere Risikoklasse heißt auch höherer Aktienanteil. Diese Abweichung ist logisch nicht zu erklären. Grund dafür: Da die BIB´s eben NICHT am gewählten Produkt orientiert sind sondern Pauschalaussagen, werden für die Wertentwicklung nur die Fonds herangezogen, die der Versicherer tatsächlich vorhält. Im obigen Beispiel sind dies nur drei Stück in Risikoklasse 5, während in Klasse 4 mindestens 20 Stück gehalten werden. Die viel größere Bandbreite an Wertentwicklungen sorgt in Klasse 4 für eine (mögliche) deutlich bessere Performance.

Das Produkt, das Sie aber gewählt haben, ist wohl in Risikoklasse 4 beheimatet, jedoch kein Querschnitt aus all Ihren gewählten Fonds!

Und es kommt noch besser

Die Einstufung zur Risikoklasse muss der Versicherer mit einer anderen Berechnungsart vornehmen, als die Rsikoeinstufung der Fonds selbst. Ein Versicherungsprodukt mit hinterlegten Fonds der Klasse 5 kann trotzdem laut BIB in Klasse 3 landen, wenn die Fonds in den letzten Jahren nicht besonders stark gefallen sind. In einigen Jahren sieht die Welt dann vielleicht ganz anders aus und Sie wundern sich, warum Ihre tolle „schwankungsarme“ Anlage solche Berg- und Talfahrten unternimmt.

Fazit der Beratung – mit Intelligenz 🙂

Sie wählen ein Produkt aus und werden mit dem Basisinformationsblatt über dessen Risiken belehrt. Glauben Sie zumindest. Tatsächlich belehrt das Blatt über einen Durchschnitt von Risiken die Sie nicht gewählt haben und auf die Sie auch keinen Einfluß haben.

Was hat das nun mit Verbraucherschutz zu tun? Das Einzige was man daraus lernen kann, ist: Fondspicking funktionier nicht! Wenn die drei Fonds der Risikoklasse 5 schlechter laufen als der Durchschnitt aller Fonds der Risikoklasse 4, dann spicht dies deutlich gegen eine selektive Auswahl nach dem Prinzip Kristallkugel.

Wie der intelligente David gegen den dumpfen Goliath

Wie gesagt: Der Rufer in der Wüste hat vielleicht mehr Hörer als dieser Artikel Leser. Doch manchmal muss man es einfach herausschreien. Vor allem dann, wenn im Namen des Verbraucherschutzes wieder mal ein Feldzug gegen Logik und Transparenz geführt wird. Vor allem dann, wenn der Verbraucher mal wieder mehr verwirrt als aufgeklärt wird, mit Segen aus Brüssel und Berlin.