Es geht ein Gespenst um in Deutschland

Das Gespenst heißt Altersarmut. Natürlich muss ein Schuldiger her. Gerne genommen: Walter Riester, „Vater“ der Riesterrente.
Über Facebook verbreitet sich derzeit eine Bundestagsrede von Gregor Gysi zum Thema Riesterrente. Die Rede scheint von 2015 zu sein, die Quelle läßt sich nicht auslesen. Das Video wurde über 8 Mio mal aufgerufen und unzählige Male geteilt. Der folgende Text wird kaum Teiler finden. Aber so ist das eben wenn man auf Populismus verzichtet und einen Taschenrechner benutzt.

 

Riesterrente ohne Taschenrechner

Herr Gysi kann nun schlichtweg nicht rechnen, oder seine Redenschreiber können es nicht. Demnach muss eine 35-jähige Frau, die seit 10 Jahren eine Riesterrente bespart, am Ende 80 Jahre alt werden um alle Eigenbeiträge wieder zu bekommen. Erwarte sie 2,5 Prozent Rendite, muss sie 90 Jahre alt werden. Und will sie 5 Prozent Rendite auf ihre Beiträge erhalten, darf sie erst mit 128 Jahren sterben.
Mit ein wenig Finanzmathematik und Fachwissen läßt sich das Ganze prüfen. Leider geht Herr Gysi nicht ins Detail. Da es jedoch der Linkspartei immer um die Geringverdiener geht, dürfte vielleicht folgendes Beispiel passen?

 

Der Fall Rosa

Die Frau, nennen wir sie Rosa, ist 35 Jahre alt und spart seit 2005 in ihren Riestervertrag ein. Rosa ist Single und kinderlos. Herrn Gysis Rede stammt aus 2015, Rosa dürfte also 1980 geboren sein und wird 2047 in Altersrente gehen. Als Geringverdienerin liegt ihr Einkommen 2015 bei 1700 € Brutto im Monat. Wir gehen von mageren 0,5% Gehaltssteigerung pro Jahr aus, 2017 verdient Sie also 1717 € Brutto im Monat. Weihnachtsgeld bekommt sie keines, sie ist wirklich Geringverdienerin. Rosa verdient knapp über Mindestlohn, ihr zu versteuerndes Einkommen beträgt 15.355 €. Sie zahlt dieses Jahr 1.560 € Einkommenssteuer und Soli.
Seit 2005 bespart Rosa also eine Riesterrente bei einem großen deutschen Lebensversicherer. Um die volle Zulage zu erhalten, zahlt Rosa 4 Prozent ihres Bruttoeinkommens als Beitrag ein. Zu Vertragsbeginn sind das also 1700 € x 12 = 20.400 € Jahresbrutto x 4% = 816 € Beitrag in die Riesterrente. Jährlich. Davon abgezogen wird die Zulage: 816 – 154 = 662 €. Macht einen Monatsbeitrag von 55,16 €. Aufgrund ihrer Steuerklasse I, bewirkt der Riestervertrag bei Rosa sogar einen kleinen Steuervorteil.
Anmerkung für die Fachleute: Rosas Einkommen war 2016 und 2017 identisch, wir wollen es ja nicht zu kompliziert machen.

 

Riesterrente Vertragsverlauf

Rosas Vertrag enthält noch 2,75 % Garantiezins. Zudem fielen tatsächlich noch Überschüsse an. Aber lassen wir Herrn Gysi einen guten Mann sein und behaupten, Rosas Vertrag erwirtschaftet bis zum Rentenbeginn nur 1 Prozent Rendite. Das sollte drin sein, denke ich. Rechnet man Rosas Gehaltssteigerungen mit ein, hat bringt sie so eine Summe von etwa 27.983 € selbst auf. 6918 € Zulage wird dem Vertrag gutgeschrieben. Die Steuerersparnis von ca. 2.200 € schenken wir Herrn Gysi.

Die konkrete Berechnung folgt im nächsten Beitrag.


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