Am 31. Dezember 2018 werde ich privat wie geschäftlich WhatsApp löschen. Sie können mich also ab 1. Januar nicht mehr auf diesem Wege erreichen. Es gibt gleichwertige Alternativen, zu denen ich weiter unten komme. In erster Linie will ich hier diesen Schritt begründen. Ich hab keinen Bock mehr als Datenschwein zur Schlachtbank getrieben zu werden.

Hurra, wir werden beobachtet

Neben dem tatsächlichen Verbot der Datenschutzbehörden, WhatsApp geschäftlich zu nutzen, bewegt mich dies: WhatsApp strebt (in meinen Augen) das „Modell Putin“ an. Das Geschäftsmodell WhatsApp emfinde ich als moralischen Schritt in die Kloake. Für mich, der ich in der DDR- Diktatur aufgewachsen bin, ist WhatsApp so, als würde ich mich freiwillig in die Normannenstrasse zum Verhör begeben.

Mach dich nackich mit WhatsApp

Stellen Sie sich vor, Sie hätten in den 90-er Jahren beim Anmelden Ihres Telefonanschlusses folgende Geschäftsbedingungen akzeptieren müssen:  All Ihre Gespräche zeichnen wir auf und speichern Sie für immer. Auch die Gespräche Ihrer Freunde und Kunden werden wir speichern, sowie natürlich deren persönliche Daten. All diese Informationen analysieren wir um zu erfahren, welches Ihre Vorlieben sind. Im Grunde geht es darum, Sie erpressbar zu machen. Außerdem wissen wir immer, wo Sie gerade sind. Das alles tun wir allerdings nur, um Ihr Leben in Zukunft noch besser, schneller und lohnenswerter zu machen.

Ein Freund, ein guter Freund – weiß alles

Das ist noch nicht alles. Sie unterschreiben außerdem: Zugleich hört Ihr Telefon ständig mit, wenn Sie Fernsehen oder das Radio einschalten, egal wo Sie sich befinden. Wir wissen so um ihre politische Meinung, welche Bücher sie lesen und ob Sie Veganer oder Grillmeister sind. Durch eine sinnvolle und komplizierte Kopplung Ihres Telefonanschlusses registrieren wir jeden Ihrer Einkäufe. Wir erfassen sogar, wie auch immer, was Sie sich im Supermarkt ansehen ohne es zu kaufen. Auch all diese Informationen speichern wir natürlich und werten sie aus. Freuen Sie sich auf diese schöne, neue Welt!

Wir sind immer noch in den 90-ern

Alles ist möglich: Sind Sie Homosexuell oder Hetero? Selbst wenn Sie es nicht wissen, Ihr Telefonanschluß findet es heraus, im Laufe der Zeit. Denken Sie daran, wir sind in den 90-ern. Hätten Sie Ihr Telefon tatsächlich angemeldet? Kein vernünftiger Mensch hätte das damals getan, und die Politik wäre sofort auf die Barrikaden gegangen. Damals…. Heute ist all dies leider Realität, wenn Sie WhatsApp nutzen.

Die digitale Diktatur

Was vor 20 Jahren noch undenkbar war, griff uns unbemerkt an die Gurgel: Der Anfang der digitalen Diktatur. Und wer glaubt, er habe nichts zu verheimlichen, ihn betreffe das nicht, der schaue nur nach Westen. So hält der US-amerikanische Marketingdienstleister Acxiom präzise Daten über 96 Prozent der US-Bevölkerung bereit (Quelle: Richard David Precht – „Jäger, Hirten, Kritiker“), und nutzt diese. Es geht hier nicht nur um die permanente Werbebeschallung, sondern um Einfluß auf Politik und Wahlen und die politische Stimmung der Menschen. Über Social Media lassen sich Menschen hervorragend manipulieren. Man kann noch jede Maus fangen, sofern man weiß, welche Käsesorte sie bevorzugt. WhatsApp, Facebook und Google wissen alles. Ein Ergebnis dieser Manipulation heißt Donald Trump, und ich kenne nun wirklich niemanden, der diesen Trottel nicht für eine Katastrophe hält. Wer es näher haben will schaue einfach in die Türkei. Gleiches Muster, ähnliches Ergebnis.

Was tun?

Viele von Ihnen nutzen WhatsApp um mir und meiner Kollegin Terminanfragen und Schadensbilder zu schicken, Fotos von Versichererschreiben oder Fahrzeugscheine. Die Übermittlung dieser Nachrichten ist für Sie wie uns denkbar einfach, zumal die meisten von Ihnen im Normalfall selten einen Scanner zur Hand haben, oder ein Faxgerät. WhatsApp ist schneller als Mail und Telefon, eine praktische Sache. Nur eben ist WhatsApp für mich eine elektronische Fußfessel, wie Google, Facebook und Amazon auch. In Zukunft werden wir auch eine APP anbieten, auf der Ihre Versicherungsverträge für Sie sichtbar sind und über die Sie mit uns auch kommunzieren können.

Alternativen zu WhatsApp

Ich persönlich werde ab Januar 2019 ausschließlich Signal nutzen. Das Handling ist identisch mit WhatsApp, die Server stehen in Deutschland und unterliegen deutschem Datenschutzrecht. Alle Nachrichten werden sofort nach der Übertragung vom Server gelöscht. Auch wenn Idealismus heute eher belächelt wird: Mir ist es wichtig! Hauptsächlich der oben genannten Gründe wegen. Es ist eher eine moralische Frage, eine Frage der Freiheit. Und Freiheit war noch niemals bequem. Die Begründung, jeder würde WhatsApp nutzen, es käme schon nicht mehr drauf an, ist gefährlich. Stumme Zustimmung und Resignation waren noch immer die Grundpfeiler jeder Diktatur.

Weitergehende Literatur

Schlecky Silberstein: „Das Internet muss weg“. Wer es lieber spannend mag, lese den Bestseller „The Circle“ von Dave Eggers. Literarisch nicht der Brüller, aber extrem nah an der Realität. George Orwells „1984“ ist dagegen eher altbacken aber auch auf der richtigen Spur. Erstaunlich nah an der Mentalität von heute, obwohl 90 Jahre alt, ist Alous Huxley´s „Schöne neue Welt“. Wer es eher wissenschaftlich mag: Vor allem Schlecki Silbersteins „Das Internet muss weg“ und Richard David Precht´s „Jäger, Hirten, Kritiker“, auch wenn ich seine Utopien und finanzielle Lösungsvorschläge eher für Wolkenträumereien halte – der Teil über die Digitalisierung ist gut. Auch wichtig: Jan Kalbitzer´s „Digitale Paranoia“ und Dr. Heinz Ludwigs „Richtig leben, länger leben“ – auch wenn die Digitalisierung hier eher keine Rolle spielt.

 

Herzliche Grüße

Ihr Olaf Misch