Die Zeit rennt. Auch wenn die Zuschusspflicht des Arbeitgebers zur betrieblichen Altersversorgung, kurz bAV, erst 2022 beginnt. Doch ist dafür eine Masse Vorarbeit nötig. Sie tun gut daran, das Thema bAV vor den Sommerferien aufzugreifen. Sonst könnte es eng werden.
Arbeitsrechtliche Grundlagen
Die Zuschusspflicht nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz, trifft alle versicherungsförmigen betrieblichen Altersversorgungen. Unterstützungskassen und Direktzusagen z.B. sind davon also nicht betroffen. Und natürlich sind nur Verträge betroffen, die (zumindest anteilig) durch Entgeltumwandlung bespart werden. Der Arbeitgeber ist nur verpflichtet die vorgeschriebenen 15 Prozent Zuschuss auf die Entgeltumwandlung zu zahlen, wenn er durch den Vertrag Sozialabgaben spart (§ 1a Abs. 1a BetrAVG).
Achtung Falle
Hier lauert die erste Falle. Als Arbeitgeber sparen Sie tatsächlich Sozialabgaben durch die Entgeltumwandlung Ihres Mitarbeiters. Aber in diesem speziellen Fall aber keine 15 Prozent. Sie müssen also nur die wirkliche Ersparnis weitergeben. Wenn Sie sich dazu entschließen, dann reservieren Sie schon mal den Arbeitsrechtsanwalt für sich. Denn aller Wahrscheinlichkeit nach werden Sie es versäumen, diesen Betrag den sich stetig ändernden Gegebenheiten anzupassen. Mit dieser Lösung hängen Sie quasi immer am Fliegenfänger. Tipp: Sparen Sie nicht an dieser Stelle. Schießen Sie mindestens 15 Prozent zu, wenns denn wirklich nur die 15 Prozent sein sollen.
bAV im Tarifvertrag
Sie sind tarifgebunden? Dann sind Sie fein raus, zumindest was die bAV angeht. Oder? Grundsätzlich geht Tarifrecht vor, und die Regelungen Ihres Tarifvertrages sehen meist anders aus, als 15 Prozent Zuschuss. Sie sollten bitte jedoch grundsätzlich mit den Tarifvertragsparteien klären, ob das wirklich so ist. Sicher ist sicher.
Übrigens, die verschiedenen Paragrafen…
Der Zuschuss ist sowohl für § 3 Nr. 63 EStG-Verträge als auch für Verträge nach § 40b EStG zu zahlen. Wenn Sie sich ein wenig auskennen, dann wissen Sie, dass Sie als Arbeitgeber für Verträge nach § 40b EStG ggf. die Pauschalsteuer übernehmen. Diese ist NICHT auf den Zuschuss anrechenbar!
Hingerülpste Gesetze
Unser Gesetzgeber spielt ja gerne mal das Orakel von Delphi. Und manche Gesetzesvorhaben werden einfach so hingerülpst; ich erinnere an die Datenschutzgrundverordnung oder dergleichen. Hauptsache machen, dann wirds schon laufen. Im vorliegenden Fall gibt es auch einen Orakelspruch. Der da lautet: Ob bisherige Zuschüsse zu Verträgen der betrieblichen Altersversorgung angerechnet werden können oder nicht, schreiben wir nirgendwo nieder. Der Gesetzgeber hat´s wieder mal geschafft, einen Grundstein im Gewölbe seines Gesetzesbauwerks so locker einzusetzen, dass das ganze Konstrukt den Arbeitgeber unter sich begraben kann. Und in machen Fällen auch wird.
bAV und Anrechenbarkeit von „alten“ Zuschüssen
Und jetzt wirds spannend: Denn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gibt einige Anhaltspunkte. Wann also könnten bisherige Zuschüsse des Arbeitgebers zur bAV seines Angestellten mit den neuen 15 Prozent Pflichtzuschuss verrechnet werden? Und zwar:
- eine Verrechnung ist möglich, sofern ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen den bisherigen Zuschüssen und der Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen beim Arbeitgeber besteht
- Ausdrücklicher Zusammenhang ist gegeben, oder
- Konkludent, d.h. ein Zusammenhang kann hergestellt werden!
Da bleibt wieder viel Spielraum für Spekulationen. Immerhin: Die bAV soll ja der Personalabteilung Freude machen. Aber Ironie beiseite. Wie könnte das in der Praxis aussehen?
In der Praxis
Ausdrücklicher Zusammenhang heißt: Sie können (schriftlich) nachweisen, dass zwischen dem bisher gezahlten Zuschuss und der Einsparung der Sozialabgaben ein Zusammenhang besteht. Das muss irgendwo niedergeschrieben sein. Am besten in der Entgeltumwandlungsvereinbarung oder nötigenfalls in der Beratungsdokumentation.
Konkludent herstellbarer Zusammenhang heißt: Sie können anhand Indizien nachweisen, dass ein Zusammenhang besteht. Zum Beispiel:
- Zuschuss wird in Höhe von 20 % gezahlt
- Sofortige Unverfallbarkeit ist gegeben
- Zuschuss kommt nur bei Teilnahme an Entgeltumwandlungen (keine reine AG-Finanzierung)
- Formulierungen dazu finden sich in Zusage und Entgeltumwandlungsvereinbarung
Damit wären Sie gut unterwegs. Stellen Sie jedoch den Zusammenhang am besten nochmals schriftlich klar!
Detailprüfung nötig
Es ist nicht möglich, an dieser Stelle umfassend zu klären, ob Ihre bAV safe ist für die neue Gesetzgebung. Wenn Sie keine der o.g. Zusammenhänge darstellen können: Viel Glück. Das ist ernst gemeint. Denn wo kein Kläger, da kein Richter. Aber besser noch ist es, die Sache gründlich, sofort und abschließend zu klären. Dazu müssen Ihre Tarifparteien, der Betriebsrat, der Rechtsberater (sofern Sie eine Versorgungsordnung haben) und Ihr bAV-Vermittler an den Tisch. Und sollte letzterer fehlen oder nicht willig oder kompetent sein, dann buchen Sie einfach uns.
Es wird aber noch besser
Sie haben nun geklärt, wie das mit den Zuschüssen läuft. Jetzt geht es daran, die 15 Prozent oder mehr auf die bestehende Versorgung Ihrer Mitarbeiter aufzusatteln. Und das hört sich einfacher an, als es ist. Haben Sie schon mal versucht, einem alten Haus ein neues Dach zu verpassen? So ähnlich müssen Sie sich das hier auch vorstellen. Denn die Probleme, auf die Sie stoßen können, sind:
- der bisherige Tarif ist geschlossen – Aufstockung nicht möglich
- der bisherige Tarif hat einen anderen Rechnungszins – Aufstockung nicht möglich
- der Anbieter ist nicht mehr am Markt
- die bisherige Entgeltumwandlung erfolgte über eine Pensionskasse – Aua! Das muss unbedingt überprüft werden
- der Zuschuss ist so gering, dass ein Zusatzvertrag rechnerisch nicht machbar ist
- ein neuer, zusätzlicher Vertrag wird durch neue Kosten und schlechtere Konditionen für Sie zum Haftungsproblem
- …
Die einfachste Lösung wäre doch
die bAV so zu gestalten, dass die Beitragshöhe identisch bleibt, der Zuschuss einfach die Entgeltumwandlung verringert. Aber Achtung: Diese Lösung ist wohl oft die einzige, jedoch vom Gesetzgeber ausdrücklich als Notlösung gedacht. Und wenn Sie diese ziehen, müssen Sie das deutlich begründen, die Zustimmung des Arbeitnehmers haben und die Entgeltumwandlungsvereinbarung anpassen.
Fazit
Es kommt dicke auf die Personaler zu, das steht mal fest. Darum warten Sie nicht zu lange. Kümmern Sie sich zeitnah um dieses Thema. Denn Sie wissen ja, im Tagesgeschäft kommt immer mal wieder was dazwischen. Wir sind übrigens fit in dem Thema. Wenn Sie also jemanden suchen, der sich auskennt…